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Willkommen im Wildbienengarten

Wildbienen im Garten beobachten und sogar schützen, geht das? Ja! Hängt man dazu einfach ein Bienenhotel auf? Nein!  Diese Seite hat das Ziel, die Ergebnisse der Forschung zu erklären und zu zeigen, was sie für den Garten bedeuten. Um das Gärtnern möglichst einfach zu machen, werden viele Wildbienenbeete zum Nachpflanzen präsentiert. Denn die richtigen Blumen zu pflanzen ist die beste Förderung für Wildbienen.

Als BUND-Wildbienenbotschafterin und Naturgartenplanerin ist es mir ein besonderes Anliegen, die Bedürfnisse der Wildbienen und nicht nur der Honigbienen ins Bewusstsein zu rücken. Im Internet gibt es viele Empfehlungen für Bienenblumen. Die meisten nützen nur den Honigbienen und ein paar besonders anpassungsfähigen Wildbienenarten.

Um über 100 Wildbienenarten im Garten zu fördern, muss Forschung in Gartenpraxis übersetzt werden. Diese Seite soll dabei helfen: Sie bietet Hilfswerkzeuge für die Gartenplanung, die Pflanzenwahl, die naturnahe Pflege und den Nisthilfenbau, basierend auf umfangreicher Erfahrung aus der Naturgarten-Praxis.

Neben den Wildbienen warten tausende weitere Tierarten darauf, von Ihnen entdeckt zu werden. Sie sind zu finden in der Rubrik "Käfer&Co". Für diese Tierarten gibt es auch jeweils Tipps zum Gärtnern. Ergänzt wird die Rubrik durch Informationen zur Bedrohung und zum Schutz der Biodiversität. Dort finden Sie auch den Biodiversitätsrechner.

Ich wünsche viel Vergnügen beim Stöbern und hoffe, Sie mit der Begeisterung für die summende Vielfalt vor der Terrassentür anzustecken.

Ein Garten für Ameisen

Für Nadelberge mit seltenen Ameisen mitten im Wald können sich noch recht viele Menschen begeistern. Ganz anders im Garten: Die Wortkombination Ameise + Garten führt unhinterfragt zu Artikeln über das Bekämpfen, Vertreiben und Loswerden.

Ameisen können beißen und sie können Ameisensäure verspritzen. Manche Arten besitzen einen Stachel. Sie entfernen Erde zwischen Pflastersteinen und errichten Erdtürmchen an der Erdbeerpflanze. Sie verfrachten Läuse auf Obstbäume und hüten die Schädlinge an den Gemüsewurzeln. Sie entdecken jede Zuckerdose auf dem Terrassentisch und gelangen mit der Ernte in die Küche. Wozu dann bitte ein Garten für Ameisen? 

Durch ihre unglaubliche Anzahl von ca. 10 Billionen auf diesem Planeten gestalten Ameisen die terrestrischen Ökosysteme mit. Für die Natur sind sie wesentlich unverzichtbarer als der Mensch. Im Naturgarten sind sie keine Gegner, sondern Verbündete für eine standortgerechte Bepflanzung und für Artenreichtum. Mit ihren Kriegen, Beutezügen, der Sklaverei, den Staatengründungen, mit ihren Bauwerken, den Straßen und der chemischen Kommunikation erzählen Ameisen zudem die spannendsten Geschichten im ganzen Naturgarten.

Die Rote Liste für Ameisen ist alarmierend. Laut dem Rote-Liste-Zentrum gilt nur ein Viertel der 108 für Deutschland bewerteten Ameisenarten als ungefährdet. Schuld ist die Bindung vieler Arten an hochwertige Biotope, die durch menschlichen Einfluss unter Druck geraten.

Dieser Beitrag enthält: Faszination Ameise und wussten Sie schon... - Arten im Garten - Auswirkung auf die Artenvielfalt - Ameisen und Pflanzen - Lebensräume - weiterführende Literatur.

Faszination Ameise

Wussten Sie schon...dass?

  • Ameisen den Gartenboden lockern und belüften? Ja, Regenwürmer auch...doch feinkrümelige Erde gibt es im schweren Lehmboden von Guntersblum nur dort, wo die Ameisen am Werk sind.
  • Ameisen sich als Humusbildner betätigen? Indem sie organisches Material sammeln, verwerten, verbauen und auf Abfallhaufen entsorgen, arbeiten sie Nährstoffe in den Boden ein.
  • eine ganze Reihe von Pflanzen sich darauf spezialisiert hat, ihre Samen von den Ameisen zu den nährstoffreichen Abfallhaufen der Kolonie tragen zu lassen?
  • Blütenteppiche im Frühjahr oft das Werk von Ameisen sind?
  • Ameisen "Schädlinge" regulieren? Beispielsweise locken die Kirschbäume Ameisen gezielt an, um sich von blattfressenden Raupen etc. befreien zu lassen.
  • Ameisen so spannenden Arten wie Zauneidechsen und Grünspechten als wichtige Nahrung dienen?
  • eine ganze Schar von Ameisenarten darauf angewiesen ist, die Arbeiterinnen anderer Arten zu versklaven?
  • Ameisen über chemische Botenstoffe miteinander über Themen wie Wege, Nahrung, Gefahr, Großereignisse, die Fruchtbarkeit der Königin usw. kommunizieren?
  • die Arbeiterinnen sich am Nestgeruch erkennen? Was von anderen Tierarten schamlos ausgenutzt wird?
  • die Arbeiterinnen Schwestern sind, die näher miteinander verwandt sind als wir Menschen mit unseren Eltern?
  • der Ameisenstaat streng in Kasten und Aufgaben pro Lebensphase gegliedert ist?
  • die Königin verwöhnt wird und Eier legen darf, aber ansonsten nichts zu melden hat, sondern der Staat Bottom up durch Solidarität und Gruppenbildung regiert wird?
  • Ein ganzes Volk in einer Eichel wohnen kann? Oder viele Arten auf Bäumen leben?
  • dass invasive Arten wie die argentinische Ameise auch in Deutschland gefährlich für die Biodiversität werden können?

Ameisen - Arten im Garten

Ameisen sind auf Artebene nur mit Erfahrung und unter dem Mikroskop sicher zu bestimmen. Zu unterschiedlich sehen die Individuen eines Volkes aus, zu sehr ähneln sie den Individuen anderer Völker. Diese aufwendige Bestimmung erfolgt für den Naturschutz in der freien Landschaft und für die Forschung. Für Gärten gibt es kaum Verlässliches. Die nachfolgende Liste ist daher nur ein erster Anfang, basierend auf den Arten einiger Naturgärten und den Hinweisen zu den Lebensräumen bei: Wikipedia, ameisen-net.de und natur.vulkanland.at.

In Gärten könnten diese Ameisenarten vorkommen:

  • Camponotus fallax (Bäume, Obstbäume)
  • Formica rufibarbis bzw. Formica-rufibarbis-Gruppe (Erdboden, gerne Sand)
  • Formica fuscocinera (in München auch auf dem Balkon "Wilder Meter")
  • Lasius brunneus (Laubbäume, Parkbäume)
  • Lasius flavus (unter dem Rasen, unter Steinen, unter Gemüsebeeten und unter Staudenbeeten)
  • Lasius fuliginosus (Totholz, Dachbalken)
  • Lasius niger (an Blattläusen)
  • Lasius umbratus (unter der Wiese, auch feucht)
  • Myrmica rubra (Wiesen, auch hohe und feuchte)
  • Stenamma debile (Streuschicht)
  • Temnothorax affinis (Bäume)
  • Tetramorium caespitum/impurum-Gruppe (sandiger Boden).

Artenvielfalt durch Ameisen

Die Wechselbeziehungen zwischen Ameisen und anderen Tierarten sind komplex, faszinierend und noch immer voller Geheimnisse. Ameisen bereichern den Naturgarten um Arten, die ohne Ameisen dort nicht existieren könnten. Myrmekophilie ("Ameisenliebe") beschreibt die Anpassung von Tierarten und Pflanzenarten an das Zusammenleben mit Ameisen. Davon kann ein einfaches Nachahmen (Mimikry) unterschieden werden. Weitere Tierarten profitieren von Ameisen als Nahrung.

  • Es gibt Tierarten, die das Aussehen der Ameisen nachahmen, um Vögel abzuschrecken.
  • Es gibt zahlreiche Tierarten, die den chemischen Coctail des Wirtsnests nachahmen, um von der Fürsorge zu profitieren oder zumindest ungestört im Bau zu leben.
  • Ein ganzer Tross von Tierarten verwertet die Nahrung bzw. die Abfälle der Ameisennester.
  • Ameisen werden von Viren, Pilzen und Parasitoiden befallen.
  • Einige Tierarten - darunter Bläulinge - lassen sich ins Nest schleppen, oder werden wie manche Lausarten dort von den Ameisen über den Winter gebracht.
  • Zahlreiche Tierarten produzieren Honigtau, um im Gegenzug von Ameisen beschützt zu werden.
  • Einige Wirbellose fressen Ameisen im oder um das Nest herum, oft unter dem Deckmantel chemischer Tarnung.

Myrmekophilie gibt es u.a. bei Schmetterlingen (Bläulingen), Schwebfliegen, Käfern, Grillen, Fischchen und Spinnen.

Weiterführende Literatur hierzu am Seitenende.

Ameisen - Pflanzen

Mindestens zwei Arten der Myrmekophilie lassen sich an Pflanzen im Naturgarten beobachten: 

  • Nahrhafte, ölhaltige Anhängsel an den Samen (Elaiosome) sind von den Nährstoffen her auf Ameisen abgestimmt. Die Anhängsel sind fest mit dem Samen verbunden. Wenn die Ameise das Elaiosom unterwegs verzehrt oder ins Nest einträgt, wird der Same durch sie verschleppt. Der Same selbst bleibt dabei unversehrt und findet auf dem Abfallhaufen der Kolonie besonders viele Nährstoffe vor. Vor allem Frühblüher wie Veilchen nutzen diesen Transport, doch auch viele "Wildbienenblumen" beherrschen den Trick. Die Arbeit der Ameisen ist besonders für die Nachhaltigkeit der Bepflanzung wichtig, da die verschleppten Samen Lücken schließen können, die durch klimabedingtes Vertrocknen entstehen.
  • Pflanzen produzieren eine zuckerhaltige Flüssigkeit außerhalb der Blüten in sogenannten extrafloralen Nektarien. Sie bringen dadurch die Ameisen dazu, auf ihnen herumzulaufen. Am wahrscheinlichsten hat dies den Nutzen, dass außer Blattläusen alle anderen Fressfeinde der Pflanze abgewehrt werden. Die Pflanze rechnet damit, dass die Ameisen auf dem Weg zu den Nektarien die eine oder andere Raupe oder Käferlarve erbeuten werden.

Lebensräume für Ameisen

Wo leben Ameisen? Die verschiedenen Ameisenarten bevorzugen

  • unterschiedliche Substrate (Lehm, Sand...),
  • ein unterschiedliches Mikroklima (schattig, sonnig, trocken, feucht) und
  • eine unterschiedliche Lage (unter der Erde, auf dem Baum).
  • Zusätzlich benötigen sie unterschiedliche pflanzliche und tierische Nahrung.
  • Ihre Nester sollten weder zerhackt noch vergiftet noch unter Wasser gesetzt werden.

Ein ameisenfreundlicher Garten beinhaltet daher:

  • eine Blumenwiese oder einen Blumenrasen
  • Sand - als Haufen oder Fläche
  • Steine auf dem Boden - z.B. als Trockenmauer oder Pflaster mit Sandfugen
  • Bäume und Büsche, in kleineren Gärten Obstbäume, in sehr großen Gärten eine Eiche
  • Totholz auf dem Boden und an Bäumen
  • Frühblüher und Rosengewächse (die einen wegen der Elaiosome, die andern wegen der Läuse)
  • und Maßnahmen für andere Insektengruppen, die als Beute dienen.

Wenn der Boden zudem wenig gegossen und nur schonend bearbeitet wird, können sich viele lokal vorkommende Ameisenarten ansiedeln.

Weiterführende Literatur bzw. Quellen

Das Ameisen-Wiki bietet in knapper Form umfassende Informationen zu Ameisenarten und Fachbegriffen.

Ameisen-Net hingegen stellt hervorragende Vergleichsfotos für die Bestimmung unter dem Mikroskop bereit.

Für einige Arten ist Wikipedia die umfangreichste deutschsprachige Informationsquelle.

Einige ausführliche Artenproträts finden sich bei natur.vulkanland.at.

Wer in Buchform mehr über die Arten erfahren und vielleicht sogar eine Artbestimmung versuchen möchte, kann auf den reichlich bebilderten Führer "Die Ameisen Europas", erschienen im Haupt-Verlag, zurückgreifen.

Ganz hervorragend und unterhaltsam lässt sich die Welt der Ameisen entdecken in dem Buch "Weltmacht auf sechs Beinen" von Susanne Foitzik und Olaf Fritsche.

"Die Gäste der Ameisen" ist ein neues Buch des berühmten Ameisenforschers Bert Hölldobler und von Christina Kwapich. Darin geht es um die Beziehung der Ameisen weltweit zu anderen Tierarten.